SESAR-Partner validieren Lösung für Center-unabhängige Flugverkehrskontrolle

Ein Projekt des europäischen Forschungsprogramms SESAR hat eine Lösung validiert, mit der die Flugverkehrskontrolle von einer Kontrollzentrale in eine andere verlagert werden kann. Damit ist ein „Virtual Center“-Betrieb möglich, der zeigt, dass Flugsicherung zukünftig interoperabel und mit einer flexiblen, skalierbaren Infrastruktur auch über Grenzen hinweg machbar wird.

Das SESAR 2020 Projekt PJ.10-W2 PROSA steht unter der Leitung der DFS Deutsche Flugsicherung, die das Konzept im Teilprojekt („Solution 93“) gemeinsam mit der britischen Flugsicherung NATS und der polnischen Flugsicherung PANSA sowie den Technologieanbietern Frequentis und Indra erstmals validiert hat. Die italienische Flugsicherung ENAV hat die Auswirkungen des Arbeitsplatzes auf die Arbeitsweise der Fluglotsen sowie Sicherheitsaspekte evaluiert. Die Validierung fand aufgrund der COVID-19-Situation unter erschwerten Bedingungen statt.

Ein Luftraum, drei Länder, drei Kontrollzentralen
Anhand einer Realzeitsimulation kontrollierten Fluglotsen den Verkehr zweier Sektoren des Oberen Luftraums über Süddeutschland und des Züricher Luftraums aus drei verschiedenen Kontrollzentralen Europas; aus  Langen in Deutschland, Southampton in Großbritannien und Warschau in Polen. Dabei gab es zwei Anwendungsfälle: Zum einen wurde die Weitergabe von zusammengelegtem Verkehr zu den weniger stark frequentierten Nachtzeiten von einer Kontrollzentrale an eine andere erprobt. Zum anderen wurde die Weitergabe der Verkehrskontrolle an ein anderes Center aufgrund eines Center-Ausfalls (Contingency) simuliert.

„Das Projekt verdeutlicht, dass es machbar ist, eine Flexibilisierung der Luftraumüberwachung mit virtuellen Centern zu schaffen, die zukünftig auch als Contingency-Lösung eingesetzt werden könnten,“ sagt Projektleiter Jörg Bergner, DFS. „Im nächsten Schritt müssen die Ergebnisse in weiteren Validierungen bestätigt werden. Dabei werden Anwendungsfälle – mit noch mehr Nähe zum realen Lotsenarbeitsplatz – untersucht.“

Eine paneuropäische Infrastruktur
Das Projekt implementierte eine paneuropäische Infrastruktur, um die drei Kontrollzentralen mit den Rechenzentren von Indra in Madrid und Frequentis in Wien zu verbinden. Über das Air Traffic Management System iTEC stellte Indra aufgezeichnete Radar- und Flugplandaten zur Verfügung, die mittels eines Realzeitsimulators in das System eingespeist wurden. Außerdem richtete Indra die Lotsenarbeitsplätze mit den Komponenten für die Sprachkommunikation in Großbritannien und Polen ein.

Die DFS entwickelte einen individuellen Prototyp einer Arbeitsposition auf Basis ihres Flugsicherungssystems Phoenix. Frequentis stellte die Data-Center-Infrastruktur für die IT-Sprachkommunikation als auch die Komponenten für die Sprachkommunikation, die von der DFS an den Lotsenarbeitsplätzen genutzt werden. Weiterhin brachte Frequentis eine zentrale Middleware ein, die die Konnektivität aller Prototypen an den verschiedenen Standorten ermöglichte.

Medienkontakte:
DFS: Nanda Geelvink, nanda.geelvink@dfs.de,
Tel. +49 (0)6103 707-4164

ENAV: Enrico Parini, enrico.parini@enav.it,
Tel. +32 644 5838 

Frequentis: Jennifer McLellan, jennifer.mclellan@frequentis.com,
Tel. +44 2030 050 188

Indra Press Office, indraprensa@indracompany.com,
Tel. + (34) 91 480 97 05

NATS: Luke.LAW@nats.co.uk

PANSA: Agnieszka Byrt, agnieszka.byrt@pansa.pl

Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH ist ein bundeseigenes, privatrechtlich organisiertes Unternehmen mit rund 5.600 Mitarbeitern (Stand: 31.12.2020). Die DFS sorgt für einen sicheren und pünktlichen Flugverlauf. Die rund 2.200 Fluglotsen leiteten vor 2020 täglich bis zu 10.000 Flüge durch den deutschen Luftraum, im Jahr mehr als drei Millionen. Das Unternehmen betreibt Kontrollzentralen in Langen, Bremen, Karlsruhe und München sowie Tower an den 16 internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland. Die Tochtergesellschaft DFS Aviation Services GmbH vermarktet flugsicherungsnahe Produkte und Dienstleistungen und ist für die Flugverkehrskontrolle an neun deutschen Regionalflughäfen sowie an den Flughäfen London-Gatwick und Edinburgh verantwortlich. Die R. Eisenschmidt GmbH als weiteres DFS-Tochterunternehmen vertreibt Publikationen und Produkte für die Allgemeine Luftfahrt, an der Kaufbeuren ATM Training (KAT) wird militärisches Flugsicherungspersonal ausgebildet. Seit 2016 arbeitet die DFS an der Integration von Drohnen in den Luftverkehr und hat mit der Deutschen Telekom das Joint Venture Droniq GmbH gegründet. 

Über SESAR
Als technologischer Part der Single European Sky-Initiative zielt SESAR darauf ab, das Flugverkehrsmanagement (ATM) in Europa zu modernisieren und zu harmonisieren. Das SESAR Joint Undertaking (SESAR JU) wurde 2007 als Public-Private-Partnership gegründet, um dieses Bestreben zu unterstützen. Dazu bündelt SESAR das Wissen und die Ressourcen der gesamten ATM-Branche, um innovative technologische und operative Lösungen zu definieren, zu erforschen, zu entwickeln und zu validieren. Das SESAR JU ist auch für die Umsetzung des europäischen ATM-Masterplans verantwortlich, der die EU-Prioritäten für F&E und Implementierung definiert. Das SESAR JU wurde von der Europäischen Union und Eurocontrol gegründet und hat 19 Mitglieder, die zusammen mit ihren Partnern und angeschlossenen Verbänden über hundert in Europa und darüber hinaus tätige Unternehmen repräsentieren. Das SESAR JU arbeitet auch eng mit Personalverbänden, Regulierungsbehörden, Flughafenbetreibern und wissenschaftlichen Vertretern zusammen.

PJ.10-W2 PROSA wurde vom SESAR Joint Undertaking im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms "Horizont 2020" der Europäischen Union unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 874464 gefördert.