Schutzbereiche um Drehfunkfeuer
UKW-Drehfunkfeuer (VOR) und Doppler-UKW-Drehfunkfeuer (DVOR) sind die Leuchttürme der Luft. Sie senden ununterbrochen ein drehendes Funksignal – daher der Begriff „Drehfunkfeuer“ – sowie ein Referenzsignal für den magnetischen Nordpol aus. Diese werden vom Flugzeug empfangen, ausgewertet und dienen dem Piloten zur Orientierung.
Stehen Windenergieanlagen oder andere Bauwerke zu nah am Drehfunkfeuer, können diese das Signal der Navigationsanlage stören, indem sie es reflektieren. Diese Reflexion erreicht den Flugzeugempfänger zusätzlich zum Ursprungssignal und führt zu Winkelfehlern, also verfälschten Richtungsinformationen.
Um solche Störungen zu vermeiden, sieht die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) die Festlegung von Schutzbereichen rund um diese Anlagen vor. Anlagenschutzbereiche sind keine generellen Bauverbotszonen. Sie sind aber im Genehmigungsverfahren relevant: In diesen Gebieten muss bei jedem Bauvorhaben gesondert geprüft werden, ob von dem Bauwerk eine mögliche Störung von Flugsicherungsanlagen ausgeht.
Hinsichtlich der Größe dieser Anlagenschutzbereiche orientiert sich die DFS an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die wir gemeinsam mit der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Forschungsprojekts erarbeitet haben. Auf Basis der Neubewertung hat die DFS die Schutzbereiche um insgesamt 40 bodengebundene Navigationsanlagen (DVOR) überprüft. Bei allen konnte der Radius von 15 Kilometer auf sieben Kilometer verkleinert
werden – das ist weniger als ein Viertel der ursprünglichen Größe. Damit ist eine Fläche von mehr als 21.000 Quadratkilometern für den Ausbau der Windkraft freigeworden.
Interaktive Karte der Anlagenschutzbereiche
Tabellarische Übersicht
Der Prüfungsprozess
Bei der Genehmigung von Bauvorhaben innerhalb eines Anlagenschutzbereichs kommt der DFS als Betreiberin der Flugsicherungsanlagen eine wichtige Rolle zu: Sie prüft im Auftrag des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF), ob das geplante Bauwerk die Signale der Flugsicherungseinrichtungen stören könnte. So ist es im Luftverkehrsgesetz festgelegt.
Sofern es sich bei dem Bauwerk um eine Windkraftanlage handelt, nutzen wir seit Mitte 2020 eine nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt modifizierte Bewertungsmethode. Mit ihrer Hilfe können wir die speziellen Störungen, die von Windkraftanlagen ausgehen, besser abschätzen als vorher.
Für die Bewertung dieser Ergebnisse ziehen wir Standards und Empfehlungen der ICAO heran. Anschließend erarbeitet die DFS eine gutachterliche Stellungnahme. Auf dieser Grundlage entscheidet das BAF, ob das beantragte Bauvorhaben die Flugsicherungseinrichtungen stören könnte, und teilt die Entscheidung der für das geplante Bauvorhaben zuständigen Genehmigungsbehörde mit.
www.baf.bund.de
Hinweis: Dieser Prüfungsprozess umfasst nicht die von der DFS zusätzlich angebotene szenariobasierte Vorprüfung von Windvorranggebieten. Diese Vorprüfung für Windenergiestandorte muss bei der DFS separat angefragt werden und ist vorgesehen zur Unterstützung ausschließlich von Planungsbehörden im Rahmen der Festlegung von Flächen für die Windenergie (§3 WindBG). Allerdings kann diese Vorprüfung derzeit nur für WEA durchgeführt werden, die weiter als drei Kilometer von einer (D)VOR entfernt geplant werden.
DFS fördert den Ausbau der Windenergie
Bis 2030 stellen wir im Rahmen eines europäischen Programms die An- und Abflugverfahren an sämtlichen internationalen Flughäfen in Deutschland auf vorwiegend satellitengestützte Navigationsverfahren um. Das schafft Raum für die Außerbetriebnahme von Drehfunkfeuern – und damit für neue Windräder.
Vollends verzichten können wir auf bodengestützte Navigationsanlagen aber nicht: In Deutschland gibt es aktuell keine Verpflichtung, Satellitennavigation zu nutzen und Luftfahrzeuge mit Satellitenempfängern entsprechend auszurüsten. Außerdem dienen die bodengestützten Anlagen als Fallback-Systeme, sollten die Satellitensignale nicht verfügbar oder gestört sein.
Deshalb müssen wir unsere bodengestützten Navigationsanlagen auch weiterhin vorhalten, allerdings in zahlenmäßig deutlich geringerem Umfang. Unsere bestehenden Anlagen werden dabei kontinuierlich erneuert: Wir ersetzen konventionelle Drehfunkfeuer durch die technisch aufwändigeren Doppler- Drehfunkfeuer, die weniger anfällig gegen Störungen sind.
Hindernisschutz
Unabhängig von den Vorgaben des Anlagenschutzes prüft die DFS außerdem, ob ein geplantes Bauwerk ein Hindernis für die Luftfahrzeuge selbst darstellen kann. Diese Prüfung geschieht in direktem Auftrag der Landesluftfahrtbehörden, ohne Beteiligung des BAF. Hier kann die DFS bestimmte Auflagen empfehlen – zum Beispiel Höhenbeschränkungen, Tages- und Nachtkennzeichnungen zur rechtzeitigen Erkennbarkeit oder Veröffentlichungen (beispielsweise im Luftfahrthandbuch). Sollte dies nicht ausreichen, kann sie das Bauvorhaben aber auch ablehnen.
In Deutschland werden ab einer gewissen Höhe sowie im Umfeld von Flugplätzen (in den Bauschutzbereichen) alle Bauvorhaben flächendeckend überwacht. Grundlage hierfür ist das Luftverkehrsgesetz. Es gewährleistet, dass die Vorhaben bei der jeweils zuständigen Landesluftfahrtbehörde zwingend vorgelegt werden. Auf Grund ihrer Höhe und Ausdehnung unterliegen Windenergieanlagen ebenfalls dieser Pflicht.
Hindernisschutz gilt auch für den Überlandflug – denn der Pilot muss wissen, wo auf dem Flugweg mit hohen Hindernissen zu rechnen ist. Für niedrig fliegende Luftfahrzeuge, beispielsweise Rettungshubschrauber, werden deshalb alle Bauwerke ab einer Höhe von 100 m über Grund in den Luftfahrtkarten veröffentlicht. Nachts müssen Hindernisse eine ausreichende Befeuerung tragen, um für den Luftfahrzeugführer sichtbar zu werden.